Beraterhaftung – Urteil des Bundesgerichtshofes vom 29.06.2023, Az. IX ZR 56/22

In einer grundlegenden aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die Haftung von Rechtsanwälten und Steuerberatern erheblich ausgeweitet. Demnach werden auch faktische Geschäftsführer in den Schutzbereich des Mandatsvertrages mit einbezogen, wenn der Berater von einer juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit mit der Beurteilung oder Bearbeitung einer Krisensituation beauftragt wird, und wenn während der Mandatsbearbeitung die Voraussetzungen einer Insolvenzantragspflicht erkennbar werden.

Weist der Berater in dieser Situation den (faktischen) Geschäftsführer nicht auf die Insolvenzantragspflicht hin, so kann er sich wegen der Versäumung der Antragspflicht und der daraus folgenden Schadensersatzpflicht in der Person der Geschäftsführer (beispielsweise nach § 64 GmbHG) selbst schadensersatzpflichtig machen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der Verletzung einer mandatsbezogenen Hinweis- und Warnpflicht für Drittbeteiligte, die mit dieser Entscheidung weiter ausgedehnt wird.

Mit diesem Urteil stellt der BGH allgemein die Schutzwirkung von Beratungsverträgen auf Dritte ausdrücklich fest, und zwar auch für diejenigen Fälle, in denen die „Beratung über Insolvenzgründe“ nicht als Hauptleistung vereinbart war, sondern sich nur als Nebenleistungspflicht nach § 241 Abs. 2 BGB ergibt.

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