BGH-Grundsatzurteil zum Verjährungsbeginn von Auskunftsansprüchen des Mieters zur Durchsetzung der „Mietpreisbremse“ gem. § 556g Abs. 3 BGB
Der BGH hat in seinem Grundsatzurteil (BGH Urteil v. 12.07.2023 – VIII ZR 8/22) die umstrittene Frage geklärt, wann der Aufklärungsanspruch des Mieters über diejenigen Tatsachen zu verjähren beginnt, die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete nach den §§ 556d ff. BGB maßgeblich sind.
Nachdem die Mieterin die Vermieterin am 17.09.2019 vorgerichtlich erfolglos um Auskunft ersucht hatte, verklagte die Klägerin die Vermieterin im Juni 2020 aus abgetretenem Recht wegen eines Verstoßes gegen die „Mietpreisbremse“ (§ 556d ff. BGB iVm. der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.04.2015) vor dem AG Berlin-Neukölln auf Auskunft u.a. über die vom Vormieter gezahlte Miete und den Umfang der durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen sowie auf Rückzahlung überzahlter Miete. Das Mietverhältnis der Parteien bestand seit dem 01.11.2015.
Während das AG Berlin-Neukölln dem Rückzahlungsanspruch weitgehend stattgab, wies es den Auskunftsanspruch unter Verweis auf die mit Ablauf des 31.12.2018 eingetretene Verjährung ab. Die Klägerin verfolgte ihr Auskunftsbegehren in der Berufung weiter, woraufhin das Urteil teilweise abgeändert und auch dem Auskunftsanspruch stattgegeben wurde (LG Berlin, Urteil vom 02.11.2021 – 65 S 64/21). Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten blieb hingegen ohne Erfolg.
Im Schrifttum wurde zum Zeitpunkt des Verjährungsbeginns gem. § 199 Abs. 1 BGB zwei gegensätzliche Ansichten vertreten: Manche sprachen sich für den Beginn der 3-jährigen Regelverjährungsfrist (§ 195 BGB) mit Beginn den Mietvertrags aus. Dem wurde entgegnet, dass es sich beim Auskunftsverlangen um einen Hilfsanspruch zur Bezifferung des Rückzahlungsanspruchs der überzahlten Miete gem. § 556g Abs. 1 S. 3 BGB handelt. Die Verjährung des Hilfsanspruchs vor der Verjährung scheide daher grundsätzlich aus.
Hierzu entschied der BGH nun, dass die Verjährung des Auskunftsanspruchs gem. § 556g Abs. 3 BGB vor der Verjährung des Rückzahlungsanspruchs aus § 556 Abs. 1 S. 3 BGB nicht grundsätzlich ausscheide. Ebenso wenig beginne die Verjährung jedoch bereits mit Vertragsschluss. Entscheidend für den Beginn der Verjährungsfrist sei vielmehr die erstmalige Erhebung des Auskunftsanspruchs. Im konkret zu entscheidenden Fall entstand der Anspruch mit dem erstmaligen Auskunftsersuchen am 17.09.2019. Nach § 199 Abs. 1 BGB hat die Verjährungsfrist daher mit Ablauf des 31.12.2019 begonnen. Bei der Klageerhebung im Juni 2020 war die 3-jährige Verjährungsfrist folglich noch nicht verjährt, sodass der Klage gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB eine verjährungshemmende Wirkung zugekommen sei. Aus diesem Grund erweist sich die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede als unbeachtlich, sodass der Klägerin der geltend gemachte Auskunftsanspruch zustehe.
Das Urteil schafft in der Praxis für beide Mietvertragsparteien Rechtssicherheit im Hinblick auf die Verjährung von Auskunftsansprüchen gem. § 556g Abs. 3 BGB. Im Ergebnis werden die Rechte des Mieters gestärkt, da er den Beginn der Verjährung durch das Stellen seines Auskunftsersuchens selbst bestimmen kann. Um eine drohende Verjährung zu verhindern, ist er allerdings gehalten, seinen Anspruch rechtzeitig klageweise geltend zu machen, falls der Vermieter die Auskunft verweigern sollte, da er ansonsten in einer späteren Rückzahlungsklage seine Forderung nicht darlegen und beweisen kann. Aufgrund der nach wie vor angespannten Lage am Wohnungsmarkt in Ballungsräumen dürfte die Entscheidung auch in der Gerichtspraxis spürbare Folgen haben.
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